Weimar (dpa/th). Des Thüringer Verfassungsgericht will am 25. Mai über den Mandatsentzug für die stasibelastete frühere
PDS-Abgeordnete Almuth Beck entscheiden. Landtagspräsidentin. Christine Lieberknecht verteidigte gestern in der mündlichen Verhand1ung in Weimar das Stasi-Überprüfungsgesetz, das Grundlage für den bundesweit
einmaligen Mandatsentzug war. Dagegen nannte die PDS das Gesetz verfassungswidrig. Der Entzug sei ein schwerwiegender Eingriff in
das freie Mandat gewesen, räumte Lieberknecht ein. Der Landtag habe zwischen dem Recht der einzelnen Abgeordneten Beck und dem Schutz des Parlamentes als Ganzes entscheiden müssen. Um die Funktionsfähigkeit
des Parlaments zu schützen, sei auch ein Mandatsentzug als letzte Maßnahme gerechtfertigt. Wenn “die Schergen der Unterdrückungsmaschinerie” heute im Landtag wieder über die Belange der Bürger zu
entscheiden hätten, würde dies das gerade erst wachsende Vertrauen der Thüringer in ihr Parlament zerstören. “Dieser Makel würde wie ein Krebsgeschwür wachsen.”Zwei-Drittel-Mehrheit
Die Abgeordneten von CDU und SPD hatten Beck am 29. April 1999 mit Zwei-Drittel-Mehrheit das Mandat entzogen, weil sie jahrelang wissentlich für die Stasi gespitzelt habe und darum unwürdig sei, dem
Parlament anzugehören. Gegen das Stasi-Überprüfungsgesetz hatte die PDS-Fraktion ein Normenkontrollverfahren angestrengt. Beck selbst reichte Klage gegen ihren Ausschluss aus dem Parlament ein. Das
Verfassungsgericht entscheidet im Mai über beide Fälle. Das Überprüfungsgesetz vom Dezember 1998 sei verfassungswidrig, weil es in das freie, geschützte Abgeordnetenmandat eingreife, sagten die Anwälte
der PDS-Fraktion. Es sei nicht in der Verfassung verankert und verstoße gegen das Demokratieprinzip, weil eine bewusste Wählerentscheidung nachträglich ignoriert werde. “Wer berechtigt den Landtag, über
seine Wähler zu entscheiden”, kritisierte ein Anwalt. Der Mandatsentzug sei eine rein politische Entscheidung gewesen, kritisierte PDS-Fraktionschefin Gabriele Zimmer. Er habe die Landtagswahl vom 12.
September beeinträchtigt und die PDS in der Öffentlichkeit herabgewürdigt. Lieberknecht räumte ein, dass Thüringen mit dem Mandatsentzug rechtliches Neuland betreten habe und die Bewertung eine große
Herausforderung für die Verfassungsrichter sei. Sie verwies aber auf die Rechtsauffassung des Bundesverfassungsgerichtes, dass die Freiheit des Mandates zur Sicherung der Repräsentations- und
Funktionsfähigkeit des Parlamentes eingeschränkt werden könne. Beck hatte stets beteuert, als Kaderreferentin für Personalfragen im damaligen Grenzkreis Sonneberg nur rein dienstliche Kontakte zur Stasi
gehabt zu haben. Das hätten ihre Wähler gewußt. Dass die Stasi sie als IM führte, sei Beck nicht bekannt gewesen, sagte ihr Anwalt. Allerdings fand sich in ihrer 346 Seiten starken Stasi-Akte eine von ihr
unterschriebene Verpflichtungserklärung. Landtagsdirektor Joachim Link bezweifelte, dass die Wähler von der Stasi-Tätigkeit Becks gewußt hätten. Es sei eindeutig, dass Beck konspirativ mit der Stasi
zusammen gearbeitet und anderen damit Schaden zugefügt habe, sagte Lieberknecht. Sie sei enttäuscht, dass Beck sich bis heute nicht von ihrer Stasi-Tätigkeit distanziert habe. |